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 Müssen Frauen ihre Stimmen finden, oder das Publikum nur zuhören?
Müssen Frauen ihre Stimmen finden, oder das Publikum nur zuhören?

Blog-Eintrag -

Women Empowerment, Authentizität und die eigene Stimme: Barbara Bosch im Interview

Als Meghan Markle meinte, es sei Unsinn, dass Frauen lernen müssten ihre Stimme zu nutzen, sondern vielmehr das Publikum lernen müsse zuzuhören, machte sie aus einem oft gehörten Satz eine neue Vision.Barbara Bosch ist Expertin, wenn es um den Einsatz der Stimme, aber auch die Wirkung auf das Publikum geht. Die selbstständige Speakerin, Moderatorin und Coachin ist ein Rollenvorbild mit dem Gespür dafür, die Stimme eines jeden Einzelnen mit Leidenschaft zu ölen.

Barbara, wie schafft man es, authentisch zu sein?
Eigentlich ist das ganz einfach und gleichzeitig brauchen wir eine große Portion Mut, um authentisch zu sein. Warum ist das so? Wir sind dann authentisch, wenn wir uns trauen, uns so zu zeigen, wie wir sind. Das bedeutet aber auch, dass wir uns verletzbar machen und darin liegt „die Gefahr“ für uns. Denn wenn uns jemand nicht mag, so wie wir sind, dann taucht in vielen von uns, mich eingeschlossen, die Frage auf: „Bin ich ok, wie ich bin, auch wenn andere mein wahres Ich nicht mögen?“ Viel einfacher ist es dann, entweder so zu sein, wie es die anderen mögen, also uns anzupassen, oder einen Act auf die Bühne zu bringen. Wir ziehen uns einen Zaubermantel an, schlüpfen in eine Rolle und schauspielern. Wenn uns jemand dann nicht mag, können wir den Mantel immer noch ausziehen und uns sagen: „War ja gar nicht wirklich ich, der da nicht gemocht wird. Ist also ok.“ Authentisch sein bedeutet für mich also den Mut aufzubringen, ich zu sein – das Original mit allen Stärken, Ecken und Kanten.


Warum ist es wichtig, authentisch zu sein?
Wir haben einen inneren Spürhund für Bullshit. Wenn jemand nicht authentisch, nicht echt ist, dann merken wir das schnell. Und wir mögen das nicht. Rollen spielen kann jeder. Zu schauspielernden Menschen können wir keine echte Beziehung aufbauen; wir fühlen uns solchen Menschen nicht nah. Sie sind nicht so wie wir: mit Stärken und auch mit Ecken und Kanten, menschlich eben. Wir schenken Menschen Vertrauen, die echt auf uns wirken. Von solchen Menschen lassen wir uns führen. Wir finden sie sympathisch und wollen mit ihnen zusammen sein. Wenn wir im Leben also etwas bewirken wollen, gehört werden wollen und andere für unsere Ideen gewinnen möchten, dann lohnt es sich, uns zu trauen, so zu sein, wie wir sind.

Wie bleibt man authentisch, trotz einstudierter Präsentation vor einem Publikum?
Gute Frage. Ich stelle sie mir auch immer wieder. Viele Menschen fühlen sich wohl, wenn sie vorbereitet sind. Das gibt uns Halt und Sicherheit. Ein zu fester Rahmen macht uns aber auch unflexibel und hier liegt aus meiner Sicht die Krux. In jedem Dialog und eine Präsentation ist für mich ein Dialog, agieren mindestens zwei Personen. Und das, was in dem Dialog entsteht, kann nicht 100%ig geplant werden. Es entsteht, in dem beide Seiten aufeinander eingehen. Ein bisschen wie ein Tanz. Wenn ich nun aber auf der Bühne stehe und mein Programm abspule, dann lasse ich nicht zu, dass ein Tanz beginnt und ein neues WIR entsteht. In jedem authentischem Gespräch, wenn wir beispielsweise mit Freunden reden, geschieht aber genau das.

Wie können wir uns also vorbereiten und trotzdem flexibel und authentisch auf der Bühne bleiben?
Da helfen Mark Twain und das Improvisationstheater. Mark Twain hat mal gesagt: „The best way to make a good speech is to have a good beginning and a good ending - and have them close together”. Wir können uns also einen interessanten Einstieg überlegen, mit dem wir unser Publikum abholen, und einen pointierten Schluss, in dem wir unsere Kernbotschaft noch einmal zusammenfassen und mit einem Call-to-Action den Ball unserem Publikum zuspielen. Für den Hauptteil können wir unsere Argumente, Beispiele, Fakten und Zahlen sammeln und uns überlegen, wie sie logisch zusammen passen. Wenn wir diese Bausteine haben, können wir damit flexibel auf der Bühne spielen und gleichzeitig sicher sein, dass wir nichts Wichtiges vergessen. Es ermöglicht uns Platz zu lassen, um mit dem Publikum zu interagieren, zu lachen, und auch kleine Fehler und Patzer - denn auch die machen uns authentisch - gut zu verkraften.

Dabei hilft auch die Yes and-Einstellung und das Scheiter-Heiter-Mindset aus dem Improvisationstheater. Der Grundsatz besteht darin, zu allem, was passiert, erst mal JA zu sagen und auch in Momenten des (erlebten) Scheiterns freundlich zu uns selbst zu bleiben – und am besten noch mit einer großen Portion Humor zu reagieren. Dadurch bleiben wir authentisch – und so gewinnen wir beim Publikum Sympathiepunkte. Zusammengefasst: Einstieg, Schluss und Kernaussagen mit unterstützendem Material planen und den Rest gelassen auf uns zukommen lassen.

Was ist Dein persönlicher Rat für Female Founder?
JA sagen und machen. Auch wenn die Gremlins kommen und uns ins Ohr flüstern, dass wir noch nicht soweit sind, dass andere es viel besser können als wir, dass wir Angst haben Fehler zu machen. Auch dann JA sagen und machen.

Ich kenne die Angst vorm Scheitern nur zu gut. Vor 10 Jahren hätte ich beinah mein Studium abgebrochen, weil ich in BWL eine Abschlusspräsentation vor 200 Leuten halten musste und davon überzeugt war, dass ich es nicht schaffen würde. Ich stellte mir immer wieder die Situation vor, wie ich vor den 200 Menschen stehe, kein Wort rausbringe und dann alleine in meiner Scham stehe und im Boden versinken möchte. Heute rede ich gerne vor Menschen und helfe anderen dabei, gelassen, stark und echt vor Publikum zu treten und es zu überzeugen. Auf meinem Weg von riesiger Redeangst zur Präsentationstrainerin und Speakerin haben mir vor allem diese drei Dinge geholfen:

  1. Wenn dir eine Chance geboten wird, sag JA und nutze sie. Danach findest du einen Weg, was du aus dem JA machst. Du musst beim ersten Mal nicht alles perfekt machen.
  2. Hol dir Hilfe. Oft denken wir, dass wir nur richtig gut sind, wenn wir etwas alleine machen. Tatsächlich holen sich erfolgreiche Menschen immer Hilfe. Suche dir Netzwerke, MentorInnen, TherapeutInnen, KooperationspartnerInnen, gründe eine MasterMind-Gruppe und finde dein Kompetenz-Team. Gemeinsam läuft es besser und macht auch mehr Spaß!
  3. Finde Menschen, die an dich glauben. Es ist unglaublich stärkend und motivierend Menschen zu haben, die davon überzeugt sind, dass du auf dem richtigen Weg bist, wenn du noch nicht 100%ig an dich selbst glaubst.

Müssen Frauen ihre Stimmen finden, oder das Publikum nur zuhören?
Ich schlage Option 3 vor: Lerne Brücken zu bauen, dein Publikum abzuholen und dabei du selbst zu bleiben.
Wir können Menschen nicht ändern und schon gar nicht dazu zwingen, etwas zu tun, in dem sie keinen Sinn sehen. Menschen wollen abgeholt, eingeladen und wertgeschätzt werden. Wenn du das erkennst, warum auf etwas beharren, statt aktiv einen Schritt auf die anderen zu zugehen? Warum nicht also einen Weg finden, wie wir „Wir“ sein können, unser Publikum es selbst bleiben darf und wir die Initiative ergreifen, eine Brücke zu bauen und damit einen Dialog zu starten? Das gilt übrigens für Frauen und Männer.

6. Was ist für Dich „Empowerment“?

“Authenticity is a collection of choices that we have to make every day. It's about the choice to show up and be real. The choice to be honest. The choice to let our true selves be seen.”

― Brené Brown

Empowerment bedeutet für mich Vorbilder zu haben, die mir Mutig-Sein vorleben und mich unterstützen und gleichzeitig mit dem Grundsatz zu leben, selbst Vorbild für andere sein zu wollen und sie mit meinem Handeln zu unterstützen.

7. Etwas, das Dich inspiriert, und was Du gerne weitergeben möchtest …
Angst zu haben ist menschlich. Wir müssen akzeptieren, dass sie uns immer wieder im Leben begegnet. Sie hat oft auch eine wichtige Schutzfunktion. Wir müssen aber nicht akzeptieren, dass sie uns lähmt und davon abhält, unseren mutigen Weg zu gehen.

Ich hatte einen wichtigen AHA-Moment, als ich in Elizabeth Gilberts großartigem Buch Big Magic ihren „Letter to Fear“ gelesen habe und arbeite seitdem damit in meinen Coachings. Er ist eine prächtig gelungene Analogie zu unserer Abenteuerreise Leben. Ich möchte ihn hier zitieren und hoffe, dass er euch ebenso inspiriert wie mich:

„Dearest Fear: Creativity and I are about to go on a road trip together. I understand you’ll be joining us, because you always do. I acknowledge that you believe you have an important job to do in my life, and that you take your job seriously. Apparently your job is to induce complete panic whenever I’m about to do anything interesting – and, may I say you are superb at your job. So by all means, keep doing your job, if you feel you must. But I will be doing my job on this road trip, which is to work hard and stay focused. And creativity will be doing its job, which is to remain stimulating and inspiring. There’s plenty of room in this vehicle for all of us, so make yourself at home, but understand this: Creativity and I are the ones who will be making any decisions along the way. I recognize and respect that you are part of this family, and so I will never exclude you from our activities, but still – your suggestions will never be followed. You’re allowed to have a seat, and you’re allowed to have a voice, but you are not allowed to have a vote. You’re not allowed to touch the road maps; you’re not allowed to suggest detours, you’re not allowed to fiddle with the temperature. Dude, you're not even allowed to touch the radio. But above all else, my dear old familiar friend, you are absolutely forbidden to drive.”

Vielen Dank an Barbara Bosch für das tolle Interview! 

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Stefanie Cimen

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